Kaum greifbare Privatheitseingriffe sowie ein mangelndes Bewusstsein für daraus entstehende gesellschaftliche Konsequenzen lassen nur wenige Internetnutzerinnen und -nutzer Vorkehrungen zum Schutz ihrer Privatheit treffen oder sich politisch für mehr Datenschutz einsetzen. Vielmehr offenbaren Individuen täglich eine große Menge personenbezogener Informationen im Internet. Vor diesem Hintergrund diskutiert der vorliegende Beitrag die Bedeutung individueller Online-Privatheitskompetenz in demokratischen Gesellschaften. Auf Basis bestehender Literatur argumentieren wir, dass Online-Privatheitskompetenz nicht wie bisher als multidimensionales Wissenskonstrukt, sondern vielmehr als Kombination aus faktischem und prozeduralem Wissen sowie aus speziellen Fertigkeiten und Reflexionsfähigkeiten definiert werden muss. Zu diesem Zweck schlagen wir das Prozessmodell der Online-Privatheitskompetenz vor, das eine differenzierte Betrachtung erforderlichen Wissens und notwendiger Fähigkeiten für die Realisierung der informationellen Selbstbestimmung erlaubt. Weiterhin argumentieren wir, dass nur eine derart ganzheitlich gedachte Online-Privatheitskompetenz als Voraussetzung für die informationelle Selbstbestimmung des Einzelnen und für die Sensibilisierung von Bürgerinnen und Bürgern bezüglich des gesellschaftlichen Wertes der Privatheit angesehen werden kann.